Frühjahr 2018

Ich liebe die Sizilianer, ich liebe ihre Lebensfreude, ihre Freundlichkeit und ihre Herzlichkeit. Die Liebe ist aber nicht so groß, wenn ich mit Sizilianern nach Sizilien fliege. So wie im März 2018. Ich fliege dieses Mal ab Frankfurt/Main. Schon das „Einchecken“ ist anstrengend. Meine mitreisenden Sizilianer drängen sich vor, stellen sich schon eine Stunde vor Einlass in die Schlange, als ob es etwas umsonst gäbe und telefonieren ohne Pause. Sie sind laut und das allerwichtigste Ding auf der Welt ist ...., na, was ist es? Natürlich das „telefonino“. Was machen die Sizilianer eigentlich ohne dieses Gerät? Ich meine, gibt es eine Tätigkeit, die „ohne“ geht? Das geht mir so durch den Kopf, als ich inmitten einer sizilianischen Übermacht auf den Einlass ins Flugzeug warte. Und trotzdem mache ich immer wieder die allernettesten Bekanntschaften, denn mit Sizilianern kommt man ganz einfach ins Gespräch. Und alles, was davor war, ist schon wieder vergessen. Ich sitze neben einem jungen Mann, dessen „mama“ Flugangst hat. Er hält während des Starts ganz fürsorglich ihre Hand, sie wimmert ein wenig, verdreht die Augen, gibt mehrere „mama mia“ von sich, vergräbt ihren Kopf tief in seiner Armbeuge und holt ihn erst wieder vor, als wir hoch über den Wolken sind. Dann aber ist alle Angst im wahrsten Sinn „verflogen“, ihr Redefluss kennt kein Ende. Drei Schwestern wohnen und arbeiten bei Frankfurt, weil es in Sizilien keine Arbeit gibt, ich bin tief in die Familiengeschichte eingebunden. Der Sohn wird auch nach Deutschland kommen, sie aber bleibt in Sizilien, denn in Deutschland regnet es ja immer..... Ich liebe die Sizilianer!
Meinen „giro“ beginne dieses Mal in Avola, dem „Mandelstädtchen“. Ich liebe Avola schon alleine deshalb, weil es bei „da Bruna“ das allerbeste cornetto con pasta di mandorla gibt, das ich kenne – und ich kenne viele. Es ist lauwarm, wie aus dem Ofen gezaubert, die Mandelmasse quillt aus dem cornetto, ist klebrig, verschmiert den sorgsam aufgetragenen Lippenstift, hinterlässt überall Spuren, aber ich verzeihe diesem einzigartigen cornetto alles, ich bin zufrieden und man sieht es mir an....

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wunderbar duftendes cornetto con pasta di mandorla bei "da Bruna" in Avola

Noto und Avola

Bei Noto entdecke ich durch Zufall einen wunderschönen Agriturismo, absolut ruhig gelegen inmitten einer wunderschönen Natur mit einigen Ferienwohnungen und schön eingerichteten Zimmern. Der Eigentümer Silvio ist etwas im Stress, da gerade Frühstückszeit ist und er bei der Zubereitung mithilft. Dennoch zeigt er mir bereitwillig und stolz das große Areal, auf dem jetzt alles grünt und blüht. Traumhaft schön gelegen ist die Ferienwohnung Nummer 13, etwas abseits von den anderen Zimmern und Wohnungen , unterhalb der Pferdeställe und direkt an einer Wiese mit Ausblick. Silvio erklärt mir, dass die Wohnungen  alle keinen Namen, sondern nur Nummern haben, weil so die Organisation einfacher ist. Es gibt sicherlich Gäste, die nicht in einer Wohnung mit der Nummer 13 wohnen möchten, aber diese Wohnung würde ich trotz der 13 allen anderen vorziehen. Alle Zimmer und Ferienwohnungen sind mit alten, sizlianischen Möbeln geschmackvoll eingerichtet, aber die Wohnung Nummer 13 besticht mit ihrer Lage und ihrer Einrichtung.

Anmerkung G. Rothbart-Orth: Zwischenzeitlich vermiete ich in dem Agriturismo keine Zimmer und Wohnungen mehr.

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selbstgemachte Marmeladen im Agriturismo Val di noto

Auch die Casa dell`Ulivo steht wieder auf meinem Programm. Es ist ein familienfreundliches Ferienhaus mit Pool und Garten abseits von Noto, nahe am Meer zu einem guten Mietpreis – ideal für Familien mit Kindern.

Leider vermiete ich seit 2022 das Ferienhaus nicht mehr, da es verkauft wurde.

Genauso wie die Casa della Pergola und die Casa Limoni. Beide Ferienhäuser sind ganz nahe am Meer, haben einen riesigen Garten mit Spielgeräten und vielen exotischen Bäumen.

Hier geht's zur Casa della Pergola und zur Casa Limoni
Casa della Pergola mit großem Garten und Spielgeräten

Casa Limoni am Meer

Sampieri

Am nächsten Tag reise ich weiter an die Südostküste nach Sampieri, ein kleines Örtchen, das sich in den letzten zwei, drei Jahren so richtig „gemausert“ hat. Am Meer wurden einige Häuser wunderbar renoviert, eine kleine Fußgängerzone ist entstanden und dennoch ist Sampieri noch so richtig sizilianisch geblieben, es wurde bis jetzt behutsam verschönert.

Hier schaue ich mir nochmals einen Agriturismo an, den ich schon im Januar besucht habe und der meiner Meinung nach zu den schönsten gehört. Hier wurden zwei neue Ferienwohnungen eingerichtet, die aber leider noch nicht ganz fertiggestellt sind. Trotzdem sehe ich, dass auch diese beiden neuen Wohnungen wieder im viel Geschmack ausgestattet sind. Stefania, die Tochter des Hauses, betreut die Gäste des Hauses mit Charme und Kompetenz. Hier ist man als Gast gut aufgehoben. Ein traumhafter Platz ist dieser Agriturismo, der seit Jahrzehnten auf seinem großen Gelände Kakteen züchtet.

Hier geht's zu
Sampieri, kleiner Ort mit schönen Ferienwohnungen

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Ferienwohnungen von denen man träumen kann

Torre Archirafi

Ich komme am zweitletzten Tag meiner Reise nach Torre Archirafi, wo ich die sehr gepflegten Ferienwohnungen des Resorts Torre Archirafi nochmals anschaue. Francesco, der Eigentümer des Resorts, ein junger, sehr charmanter Sizilianer, zeigt mir geduldig und stolz seine Wohnungen und bedauert, dass die Buchungen im letzten Jahr etwas zurückgegangen sind. Alle wollen von mir wissen, warum. Leider habe ich darauf auch keine Antwort. Natürlich könnte man auf dieser wunderbaren Insel einiges verbessern, zum Beispiel das Müllproblem. Francesco will 2019 einen großen Pool in dem schönen Garten bauen, denn trotz Meernähe schätzen viele Kunden auch einen Pool direkt bei den Ferienwohnungen.

Riposto

Nach meiner „Inspektion“ fahre ich nach Riposto, dem kleinen Örtchen gleich neben Torre Archirafi. Ich brauche noch eine Briefmarke für eine Postkarte, die ich nach Deutschland schicken will. Ich versuche ich es im nächsten tabacchino, leider erfolglos. Wenige Meter von der tabacchino weg finde ich die Poste Italiana, was für ein Glück! Es ist 15:30 Uhr, sicher ist die Poste Italiana zu. Doch nein, die Tür ist offen. Ich trete ein, sehe drei Schalter, einer ist belegt. Ich drehe mich vorsichtig um, kein anderer Kunde ist da, ich gehe an einen freien Schalter und frage nach einer Briefmarke. „Una seconda, Signora“ bekomme ich von dem Schalterbeamten zu hören. Dann ruft er über meinen Kopf hinweg einen Mann, der vor der Tür geraucht hat und nun hereinkommt. Der Beamte bedient ihn. Ich trete höflich einen Meter zurück und warte – zwei Schalter sind nun frei.  Die Signorina an dem ersten freien Schalter ruft mir nun zu, ich solle ein „biglietto numerato“ ziehen. Suchend blicke ich mich um, sehe einen großen Apparat mit mehreren  blinkenden Tasten. Welche Taste soll ich denn für eine Briefmarke drücken? Eine nette Kundin erkennt meine Ratlosigkeit, drückt für mich eine Taste und ich ziehe meine Nummer. Die Signora grinst mich an, ich sage „grazie tanto“ und gehe an den freien Schalter zur Signorina, der ich meinen Wunsch nach einer Briefmarke für eine Postkarte mitteile. Sie steht auf und verschwindet für eine Weile im hinteren Zimmer.  Dann kommt sie mit einer – nämlich „meiner“ -  Briefmarke zurück. Ich zahle einen Euro und sie fragt mich, ob sie die Briefmarke auf die Karte kleben darf. Überrascht von dem unvermuteten Service nehme ich das Angebot  an, wer weiß, wann so ein Angebot wieder kommt! Ich danke und verabschiede mich. Die Signora,  die mir an dem „Nummernapparat“ geholfen hat, wirft mir einen vielsagenden Blick zu, wir grinsen beide. Und denken wahrscheinlich das Gleiche. Was für ein Glück, in Italien einen Job bei der Poste Italiana zu haben. Und ich konnte es nicht glauben, aber es ist wahr, den Job kann man sogar an Familienmitglieder bei der Pensionierung  „vererben“ – so ist Italien!
Wieder draußen vor der Tür sehe ich ein paar Meter weiter 10 bis 15 Leute vor einem Tor stehen. Neugierig schaue ich, was es denn da so gibt. Es ist das Tor zu einer Arztpraxis. Die Leute stehen Schlange vor der Tür! Was geht es uns in Deutschland gut, denke ich mal wieder wie so oft.
Ich mache noch einen Rundgang durch Riposto, gehe am Hafen vorbei, notiere verschiedene Tipps für Kunden und kehre an meinen Mietwagen zurück. Eigentlich will ich nach Torre Archirafi zurück, lande aber in Giarre am Spätnachmittag – im heftigsten Verkehr. Mir scheint, alles ist auf der Straße, wirklich alles. Es stockt und staut, es hupt und drängt. Trotzdem gelingt es mir, unterwegs zwei knusprige panini zu kaufen und in einer Metzgerei wunderbaren San Daniele. Der Abend scheint gerettet. Doch es herrscht wildes und hupendes Chaos auf der Straße. Endlich sehe ich ein Schild nach Torre Archirafi. Wunderbar, denke ich. Doch schon bei der ersten Möglichkeit, zwei Richtungen zu nehmen, gibt es kein Schild mehr. Ich entscheide mich natürlich für die falsche Richtung. Ich wende den Wagen bei der nächstbesten Gelegenheit und weiß überhaupt nicht mehr, wo ich bin. So ist Sizilien. Ich habe immer das Gefühl, als ob die Straßen ohne Plan, ohne System gebaut worden sind. Genauso geht es mir bei der Beschilderung. Ich stelle mir immer einen Sizilianer mit Rucksack gefüllt mit Schildern vor, der übers Land fährt und die Schilder verteilt. Ohne Plan natürlich. Einfach so.... Die Sizilianer mögen mir verzeihen, aber wir machen uns einen „Zettel“, einen „Plan“, wir schreiben eine „To do Liste“. Was macht der Sizilianer? Er trinkt zuerst mal einen caffè, dann setzt er sich ins Auto, dann fährt er los, steigt aus und diskutiert mit anderen, wie man was macht.
Am 11.04.18 treffe ich morgens noch Andrea Ercolani, einen lizensierten Ätna-Bergführer, ein Schweizer, der sich auf Vulkantouren spezialisiert hat. Mit ihm habe ich vor einigen Jahren ganz spontan eine Tour auf den Ätna mitgemacht, was eins meiner schönsten Erlebnisse in Sizilien war. Es war ein traumhafter Tag, Sonnenschein, strahlend blauer Himmel und Schnee auf der Kuppe des Ätna. Dieser gigantische Berg hat mich seitdem verzaubert. Ich liebe diesen Berg und mir geht das Herz auf, wenn ich ihn sehe.

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Der schneebedeckte Ätna im Oktober

Andrea Ercolani

Andrea treffe ich in Giarre in einer Werkstatt, wo sein Auto gerade repariert wird. Wir setzen uns in eine nahe gelegene Bar, plaudern und tauschen Tipps und Erfahrungen aus. Wer bei Andrea eine Tour buchen will, muss sich früh darum kümmern. Am besten bucht man schon von zuhause aus eine Bergtour mit ihm.

Die Internetadresse ist Andrea Ercolani - Vulkanführer

Zusammen besuchen wir noch den Palazzo Pozzillo, der von dem sympathischen, den Küchengenüssen überhaupt nicht abgeneigten Schweizer Ehepaar  - Zora und Franz – mit viel Liebe geleitet wird. Der Palazzo hat eine einzigartige Lage direkt am Meer mit Blick auf die Küste, auf Taormina und den Ätna. Zora und Franz vermieten wunderschön eingerichtete Zimmer mit riesengroßen Terrassen. Abends bekocht Franz die Gäste des Hauses und man isst zusammen an dem großen Tisch – einfach herrlich! Im Sommer findet das cena draußen statt.

palazzo-pozzillo-gedeckter-tisch-auf-der-terrasse

Am nächsten Morgen fahre ich zum Flughafen Catania und fliege wieder zurück, nicht ohne einen liebevollen Blick aus dem Flugzeug auf meinen Freund, den Ätna geworfen zu haben.

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